Interviews mit Betroffenen und Angehörigen

Wenn Sie einen Bericht verfassen, in dem eine psychische Erkrankung thematisiert wird, lassen Sie nach Möglichkeit auch betroffene Menschen selbst mit ihren Erfahrungen zu Wort kommen, statt lediglich über sie zu schreiben. Damit erreichen Sie Ihre Leser*innen auch auf emotionaler Ebene und können zu einem besseren Verständnis gegenüber Menschen mit psychischer Erkrankung beitragen.

Betroffene oder Angehörige sind meist selbst zu Expertinnen/Experten über die jeweilige Erkrankung geworden und etliche sind durchaus bereit, ihre Erfahrungen zu teilen. Seien Sie sich jedoch bewusst: Ein Interview mit Medienschaffenden zählt nicht zum Alltag dieser Menschen und stellt für sie – wie für alle Laien – eine besondere Herausforderung dar.

Daher empfehlen wir, in der Vorbereitung sowie während des Gesprächs die folgenden Aspekte zu beachten:

Grundsätzliches

  • Klären Sie, ob Ihr/e Gesprächspartner*in im Bericht anonym bleiben will oder namentlich (nur Vorname/ gesamter Name) erwähnt und ob ggf. auch ein Bild veröffentlicht werden darf
  • Geben Sie die Antworten Ihrer Interviewpartnerin / Ihres Interviewpartners möglichst wortgetreu wieder, um ihre/seine Erfahrungen authentisch zu vermitteln.
  • Falls möglich, legen Sie der befragten Person die auf sie bezogenen Berichtteile bzw. Zitate vor der Veröffentlichung zur Autorisierung vor.
  • Sollten Fragen offengeblieben sein oder neue auftauchen, fragen Sie nach oder sprechen Sie mit weiteren Expertinnen/Experten.
  • Informieren Sie die interviewte Person darüber, wann und wo der Bericht erscheinen wird, und übermitteln Sie ihr eine Kopie.

Vorbereitung des Interviews

  • Erklären Sie Ihrer Gesprächspartnerin / Ihrem Gesprächspartner möglichst vorab, worum es in Ihrem Bericht gehen wird und welche (Kern-)Fragen Sie stellen werden, um ihr/ihm die Möglichkeit zu geben, sich darauf vorzubereiten.
  • Erläutern Sie außerdem, wie das Interview ablaufen wird, ob sie es im Wortlaut verwenden wollen oder ob es als Grundlage für Ihre Recherche dienen soll.
  • Geben Sie der Person ausreichend Zeit, sich gedanklich und inhaltlich auf das Gespräch vorzubereiten.
  • Erkundigen Sie sich, ob sich die Person mit Ihnen an einem bestimmten Ort treffen möchte, an dem sie sich wohlfühlt, oder entscheiden sie gemeinsam darüber.
  • Bieten Sie dem/der Interviewpartner*in an, eine Begleitperson zum Gespräch mitzubringen.

Gesprächsführung

  • Formulieren Sie Fragen zu Krankheitserfahrungen (Verlauf, Symptome, Behandlung etc.) respektvoll, z.B. „Wann hat die Erkrankung bei Ihnen begonnen?“ oder „Welche Beschwerden und Probleme hatten Sie?“
  • Vermitteln Sie Ihrem Gegenüber das Gefühl, den Menschen in ihm zu sehen und nicht nur die Erkrankung.
  • Vermeiden Sie wertende Reaktionen, wenn Sie von Gedanken und Erlebnissen erfahren, die für Sie vielleicht nur schwer nachvollziehbar sind.
  • Gehen Sie unvoreingenommen in das Gespräch. Suchen Sie nicht nach einem „Anders-Sein“ und führen Sie Eigenheiten Ihrer Gesprächspartnerin / Ihres Gesprächspartners nicht auf die Erkrankung zurück.